Schnellere Diagnostik Doktor KI in der Kardiologie

Von Chiara Maurer

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Zehn Jahre – so lange kann es dauern bis eine Herzerkrankung diagnostiziert wird. Eine neue Gesundheits-App des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD soll Kardiologen nun dabei unterstützten, Diagnosen schneller stellen zu können.

Die App Guardio des Fraunhofer IDG ermöglicht es den Betroffenen,  ihre Herzströme selbstständig beim Auftreten von Symptomen aufzuzeichnen
Die App Guardio des Fraunhofer IDG ermöglicht es den Betroffenen, ihre Herzströme selbstständig beim Auftreten von Symptomen aufzuzeichnen
(© Fraunhofer IGD)

Im Jahr 1887 konnten erstmals Herzströme aufgezeichnet werden. 135 Jahre später findet sich der Nachfolger der damals noch rudimentären Technik in fast jeder Arztpraxis: der Elektrokardiograf. Die Aufzeichnungen des Geräts, die EKGs, sind vielseitig einsetzbar und geben Auskunft darüber ob ein Patient an einer Herzkrankheit, etwa Rhythmusstörungen, leidet.

Trivia

Arten der Elektrokardiografie

Ruhe-EKG:
Diese Art des EKGs wird in der Regel liegend durchgeführt und dauert nur wenige Minuten. Durch Elektroden werden Herzströme gemessen. Das EKG zeigt ob das Herz im Ruhezustand richtig schlägt und ausreichend mit Blut versorgt wird.

Belastungs-EKG:
Herzrhythmusstörungen können auch erst dann auftreten, wenn sich der Patient körperlich anstrengt. Um diese Art der Erkrankung diagnostizieren zu können, müssen Patienten während der Elektrokardiografie auf einem Ergometer Rad fahren oder auf einem Laufband gehen oder joggen. Besonders häufig wird diese Art des EKGs bei Menschen mit Brustschmerzen genutzt, um gegebenenfalls einen Hinweis auf verengte Herzgefäße zu erhalten.

Langzeit-EKG:
Bei einem Langzeit-EKG werden die Herzströme über einen Zeitraum zwischen 24 bis 72 Stunden gemessen. Der Patient erhält dazu ein mobiles Gerät, das er sich um den Hals hängen oder an den Gürtel klemmen kann und das dann die Aufzeichnungen speichert. Angewandt wird das Langzeit-EKG vor allem bei Menschen mit Ohnmachtsanfällen oder Herzrasen.

Doch auch trotzt ihrer unterschiedlichen Arten und Anwendungsgebiete, können EKGs nicht immer zuverlässig zur Diagnose von Herzkrankheiten beitragen. So treten viele Symptome wie Arhythmien nur selten oder in unregelmäßigen Abständen auf, wodurch sie auch durch ein Langzeit-EKG nicht erkannt werden können. Die App Guardio des Fraunhofer IGD aus Rostock soll Kardiologen nun helfen, auch ohne klassisches EKG den Grund für Ohnmachtsanfälle, Herzrasen und Co. zu finden. „Kardiologen haben uns berichtet, dass die Chance, mit einem 24-Stunden-EKG zum Beispiel Vorhofflimmern als eine Ursache von Schlaganfällen zu diagnostizieren, gerade einmal bei fünf Prozent liegt“, so der Fraunhofer IGD-Forscher Dr. Marian Haescher zu den Beweggründen des Teams.

Die Forscher haben deswegen eine App entwickelt, die mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) wiederholte Messungen über einen längeren Zeitraum oder eine Momentaufnahme, zum Beispiel beim Auftreten von Symptomen, ermöglicht. Dazu braucht sie die entsprechenden Daten, also Herzströme, die Patienten ganz einfach mit dem Smartphone sammeln können. Die App leitet den Nutzer dabei Schritt für Schritt durch eine Eigenmessung der Herzaktivität. Elektroden die auf den Rumpf des Patienten aufgeklebt werden, sind somit nicht nötig, da die mittlerweile in jedem Smartphone verbauten Beschleunigungssensoren ihre Aufgaben übernehmen.

Durch die App haben Patienten theoretisch die Möglichkeit kurzfristig selbstständig die eigene Herzgesundheit zu überwachen. Dennoch betont das Forscherteam, dass „die diagnostische Hoheit immer bei den Medizinern bleibt“. Dafür werden die von der Anwendung gesammelten Daten in ein Standard-EKG umgewandelt, das dann wiederum von einem Kardiologen ausgewertet werden kann.

Und auch für die Überwachung von Neugeborenen ist diese Technologie denkbar. Über ein Doppler-Radar, das den Doppler-Effekt nutzt um Vorgänge im menschlichen Körper darzustellen, könnten an den Inkubator angeschlossene Geräte Herzbewegungen kontaktlos aufzeichnen.

Gemeinsam mit Kardiologen und Rhythmologen arbeiten die Forscher des Instituts daran, die Anwendung weiter zu verbessern und gründen Anfang 2023 ihr eigenes Start-up als Spin-off des Fraunhofer IGD. Ziel ist es, Guardio nach Abschluss der Medizinproduktezertifizierung als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) auf die Handys der Betroffenen zu bringen.

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