Überwachungssystem Bei Risiken und Nebenwirkungen ergänzen Sie Ihr Vigilanz-System

Ein Gastbeitrag von Pascal Wettstein 3 min Lesedauer

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Trotz strenger Kontrollen kann es bei Medizinprodukten zu unerwünschten Ereignissen kommen, welche die Gesundheit der Patienten beeinträchtigen können. Damit man die Auswirkungen solcher Fehler besser kalkulieren und abschätzen kann, ist ein Vigilanz-System erforderlich. Was kann man sich genau darunter vorstellen und worauf muss man bei der Etablierung von Vigilanz-Systemen in der Medizintechnik achten?

Ein Vigilanz-System ist ein System zur Überwachung der Sicherheit und Wirksamkeit von medizinischen Geräten und Produkten.
Ein Vigilanz-System ist ein System zur Überwachung der Sicherheit und Wirksamkeit von medizinischen Geräten und Produkten.
(Bild: © Wit; iiierlok_xolms - stock.adobe.com)

Bis ein Medizinprodukt auf dem Markt erscheint, muss es einige strenge Prüfungen und einen langwierigen Zulassungsprozess überstehen. Jeder Hersteller von Medizinprodukten ist dazu verpflichtet, die Sicherheit und Wirksamkeit seiner Produkte mithilfe eines angemessenen Vigilanz-Systems zu überwachen. Solche Systeme werden häufig von Regulierungsbehörden wie der FDA (Food and Drug Administration) oder der EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) eingesetzt, um unerwünschte Ereignisse oder Nebenwirkungen von medizinischen Produkten zu erfassen und zu bewerten.

Ein Vigilanz-System in der Medizintechnik kann auf verschiedenen Datenquellen basieren, wie klinischen Studien, spontanen Meldungen von Gesundheitsdienstleistern oder Patienten, Veröffentlichungen in der Fachliteratur oder anderen Quellen. Diese Daten werden analysiert, um Trends oder Muster zu erkennen, die auf Sicherheitsprobleme oder Unzulänglichkeiten von medizinischen Produkten hinweisen könnten.

Die Ergebnisse dieser Überwachung können dazu beitragen, dass Regulierungsbehörden schnell auf potenzielle Sicherheitsprobleme reagieren und Maßnahmen ergreifen können, um das Risiko für Patienten zu minimieren. Dies kann beispielsweise die Überarbeitung von Gebrauchsanweisungen, die Einschränkung von Anwendungsgebieten oder sogar den Rückruf von Produkten umfassen.

Was müssen die Hersteller bei der Vigilanz beachten?

Medizinprodukte-Hersteller sind dazu verpflichtet, schwerwiegende Vorkommnisse, die im Zusammenhang mit ihren Produkten stehen, den zuständigen Behörden zu melden und gegebenenfalls Sicherheitskorrekturmaßnahmen einzuleiten. Bis zur Fertigstellung der EUDAMED (Europäische Datenbank für Medizinprodukte) erfolgt diese Meldung über ein Formular beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die Frist für die Meldung hängt von der Schwere des Vorkommnisses ab und beträgt i. d. R. 15 Tage. Bei Todesfällen oder unvorhergesehenen schwerwiegenden Verschlechterungen des Gesundheitszustandes verkürzt sich die Frist auf zehn Tage, bei schwerwiegender Gefahr für die öffentliche Gesundheit auf zwei Tage. Auch Sicherheitskorrekturmaßnahmen müssen vor ihrer Durchführung gemeldet werden.

Der Leitfaden MEDDEV 2.12-1 rev. 8 beschreibt zusätzliche Anforderungen an die Überwachung von Medizinprodukten, wie die Rollen der beteiligten Akteure und die Inhalte der Meldungen. Die EU hat eine Ergänzung zur MEDDEV 2.12-1 rev. 8 veröffentlicht, die speziell auf die Anforderungen der Medical Device Regulation (MDR) eingeht. Auch die Leitlinie MDCG 2019-15 rev. 1 kann Herstellern von Klasse I Medizinprodukten bei der Umstellung auf die MDR helfen und enthält relevante Aspekte zu Post-Market Survaillance (PMS) und Vigilanz, die auch für Produkte höherer Risikoklassen relevant sind.

Für Hersteller, die ihre Medizinprodukte in Deutschland vertreiben, sind die Regelungen zur Vigilanz im Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) geregelt. Kapitel 5 enthält Informationen zu den Zuständigkeiten der Behörden, den Mitwirkungs- und Informationspflichten der Hersteller sowie der Zusammenarbeit mit anderen EU-Mitgliedstaaten. Die Meldepflichten werden durch die Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV) geregelt, die auch eine Definition für „mutmaßlich schwerwiegende Vorkommnisse“ enthält.

Ein Qualitätsmanagementsystem ist Pflicht

Laut der ISO 13485 ist ein Qualitätsmanagementsystem für Medizinprodukte-Hersteller Pflicht. So fordert die ISO 13485 eine systematische Überwachung eines Produkts nach dessen Markteinführung. Kapitel 8 der Norm stellt die Anforderungen an einen kontinuierlichen Feedback-Prozess dar, der einen Informationsfluss von der Herstellung bis zur Vermarktung beschreibt.

Ein Qualitätsmanagementsystem hilft jedoch nicht nur bei der Vigilanz sondern auch dabei die eigenen Prozesse, Arbeitsabläufe und Dateispeicherhierarchien im Einklang mit den gesetzlichen Anforderungen einzurichten.

Tipps zur praktischen Umsetzung

Die Anforderungen an die Vigilanz sind aufgrund nationaler Vorschriften bereits präzise. Trotzdem oder gerade deshalb treten häufig Probleme auf, wenn es um die Einhaltung geht. Die folgenden Tipps helfen, diese Probleme zu minimieren:

  • In Verfahrens- und Arbeitsanweisungen genau festlegen, wer im Ernstfall was, wie und wie schnell erledigen muss. Hierbei können Flussdiagramme helfen, da sie schneller zu verstehen sind als lange Texte.
    Ganz wichtig hierbei ist, dass diese Anweisungen länderspezifisch sind, da die nationalen Vorgaben und die zuständigen Behörden unterschiedlich sein können.
  • Begriffe wie „Vorkommnis“, „schwerwiegend“ oder „Rückruf“ präzise definieren, wie es in den Vorschriften vorgegeben ist. Es empfiehlt sich, Beispiele anzuführen, die spezifisch für die eigenen Produkte sind.
  • Formulare oder ein System bereitstellen, um die Meldungen zu erfassen. Hierbei kann die MEDDEV hilfreich sein.
  • Alle Beteiligten regelmäßig schulen, um das Meldewesen anhand von konkreten Beispielen zu üben.

Autor

(Bild: QDC-Beratung)

Pascal Wettstein ist Gründer der QDC-Beratung GmbH. Die QDC-Beratung unterstützt Unternehmen aus der Medizintechnik bei regulatorischen Fragen und beim Thema Qualitätsmanagement.

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Der Artikel erschien zuerst auf unserem Schwesterportal DeviceMed.

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